Das 3. Coswiger Priorat – Nasenfestival – Probenfazit – Priorat 2010

BY IN Prioratjahrgänge NO COMMENTS YET

Eine extrem gut sortierte Zusammenstellung an Weinen mit etlichen großen, aber auch vielen unbekannten und recht jungen Namen nährte bei mir die Hoffnung auf eine für den Jahrgangsüberblick sehr repräsentative Probe.

Was dürfen wir, was müssen wir vom Jahrgang 2010 erwarten? Als die 2010er in der Breite auf der Fira 2012 erstmals vorgestellt wurden, war mein Eindruck, es könne hier um einen Jahrgang 2006+ gehen, in der Linie der kühleren Jahrgänge. Besser als 2002 und 2008 schien gesetzt, aber auch besser als 2006? Stilistisch auf jeden Fall nicht an 2007 und 2009 anschließend… – so viel war klar.
Erste intensivere Proben von 2010er Weinen zeigte, dass hier Zeit vonnöten ist, um wirklich Spaß mit den Weinen zu haben.

Entsprechend habe ich alle Weine diesmal bereits mehr als 24 Stunden vor Probenbeginn doppelt dekantiert.

Die ersten Blindprobenrunde (Tag 1 und Tag 2) fiel für mich sehr ernüchternd aus, Erinnerungen an die „Arbeitsproben“ mit dem jungen Jahrgang 2005 kamen auf. Viele Weine sind in der ersten Runde verschlossen, unharmonisch und wenig tief und komplex gewesen. Zwar gab es dennoch mehr Trinkspaß als mit den knochigen jungen 2005ern, aber auf recht niedrigem Level. Die meisten der Weine gingen blind als gut trinkbare Basisweine durch das Rennen – wo waren bloß die vielen guten Namen versteckt?

Auch wenn das Niveau sich in der zweiten Blindrunde (Tag 3 und 4) bei vielen Weinen deutlich hob, so blieben die Masse der Bewertungen recht verhalten. Für das, was an Namen auf dem Tisch stand, viel zu wenig Weine, die sich als „Groß“ offenbart haben, ganz wenig „Weltklasse“ – völlig konträres Bild zur 2009er Euphorie-Probe vom Oktober 2013…

Entsprechend häufig lange Gesichter beim Aufdecken der Weine… Zwar nicht so eine Riesenenttäuschung wie damals beim Clos Mogador 2005 im ähnlichen Stadium, aber viel erstaunlich niedrige Bewertungen bei Weinen, die sich besser hätten repräsentieren müssen…
Dafür viele einfache Weine (die ich zum Teil auch bereits in meine Selektion aufgenommen habe), die bewiesen, dass sie ihr Geld wert sind…

Aber auch hier etliche Weine, die sich auch im anschließenden Langzeittest bewiesen… Bei 42 Weinen am Set zieht sich das Nachverkosten natürlich hin, wenn dann nur pro Abend ein paar der Weine rückverkostet werden sollten, weil das normale Leben wieder die Oberhand gewinnen musste. Aufgrund der inzwischen zum Teil enormen Sprünge wurde mir dennoch nicht bang um die Weine – und so musste nichts, wirklich gar nichts als „drüber“ weg gegossen werden. Im Gegenteil, selbst unter meinen Besten 6 gab es am Tag 17 noch freudige Überraschungen.

Viele der Großen haben sich als Spätstarter geoutet, einige als Zu-Spät-Starter. Wer aber in den ersten Runden zu langsam läuft, dem schwinden die Hoffnungen auf eine gute Platzierung in der Gesamtwertung. Das ist nun mal so. Und damit wirft die Verkostung der 2010er mehr Fragen auf, als es sie beantwortet. Fakt ist, viele dieser Weine habe ich zur Fira besser gesehen – in so fern gibt es starke Parallelen zum Jahrgang 2005 – auch bei den 2010ern gibt es recht intensive Verschlußphasen, muss der Freak lange Geduld haben, um die Großen auf der Höhe zu erleben, auf der sie sein müßten.

Zum Glück kann man sich bis dahin mit extrem vielen exzellenten 2010er Basisweinen trösten. Hier haben etliche Weine schnell gezeigt, was sie bieten – nämlich wirklich eine Art 2006+ oder vielleicht kein + aber eine Wiederholung. Bei den Großen dagegen darf ein + zu 2006 deutlich angezweifelt werden. Der große Vorteil, des 2006ers war, dass es kaum Verschluß gab. Bei den 2010ern ist hier strikt Warten angesagt, will man ähnlichen Spaß haben.
Im Normalfall wird niemand ernsthaft seine 2010er jetzt 2 Wochen vor dem Genuss öffnen wollen. Bei mir war das der Vielzahl der offenen Flaschen geschuldet, aber es war auch eine grandiose Erfahrung, die ich mit vielen Weinen in der letzten Runde machen durfte…

Einige der Weine haben sich beängstigend zickig gezeigt, zum Teil Flaschen, die sich wenige Wochen zuvor ganz anders und deutlich besser gezeigt haben, wie z.B. der Pater oder der Roquers de Samsó – das wirft natürlich einiges an Fragen auf. Flaschenfehler waren nicht erkennbar – es waren einfach “Formtiefs“ – ein ähnliches Formtief hatte im letzten Jahr der 2010er Planetes de Nin, der sich ähnlich schlecht präsentiert hatte damals – das hatte letztlich dem Winzer keine Ruhe gelassen und so gab es dieses Jahr eine Konterflasche – und siehe da – der Wein hat sich eindeutig rehabilitieren können… Hoffen wir auf diese Rehabilitation auch bei den vielen Weinen, die dieses Mal mehr oder weniger enttäuschend waren.

Und freuen wir uns an denen, die überzeugen konnten. Davon gab es mehr als genug, auch wenn sie zumeist aus dem Basissegment stammen – natürlich findet man diese zumeist nicht auf dem Treppchen oder unter den Topp 10, aber wer liest und vergleicht, dem erschließen sich auch jetzt schon suchenswerte Weine.

Am Ende aber ist 2010 weithin schwieriger als zunächst vermutet. 2006 in der Breite zu übertreffen, das bezweifle ich derzeit dann doch stark. In der Basis vielleicht, aber nicht unter den Spitzen. Große 2010er kaufen sollte derjenige, der Zeit zum Warten mitbringt – oder man wählt die paar, die jetzt schon zu überzeugen wußten. Große Weine zum Schneller trinken nachkaufen – da rate ich zu den älteren noch am Markt befindlichen Weinen. Sonst sind Enttäuschungen vorprogrammiert.

Aber auch sonst ist 2010 kein Jahrgang für jedermann, das zeigen die zum Teil konträren Sichtweisen meiner prioraterfahrenen Mitverkoster. Ich persönlich habe Weine gelobt, die schlanker als sonst wirken, die von Kühle und Frische getragen waren und habe nicht selten da abgewertet, wo mir in der Disharmonie der Jugend vordergründige Schwere oder spürbarer Alkohol mißfielen.
Wer dagegen mehr „Bumms“, vollen Körper und Wucht sucht, der bleibt dann weit unter meiner Begeisterung. Das nackte Schielen auf Punkte scheint jedenfalls in diesem Jahr noch weniger hilfreich als sonst, wenn mehr Konsens am Tisch herrscht. Die Beschreibung im Einzelnen sollte neugierig machen oder signalisieren, trotz der Punkte die Finger davon zu lassen, wenn es um stilistische Vorlieben oder Nichtlieben geht…

Ab morgen werde ich dann meine Notizen zu den einzelnen Weinen hier einstellen…

So, what do you think ?