Kommerz kennt keine Grenzen…

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Wieder einmal gab es einige Tage Sächsisch Böhmische Schweiz – mit einer Gruppe – sogenannter „schwieriger“ Jugendlicher. Schwieriger waren diesmal die Witterungsbedingungen, es war bei einer derartigen Aktion nie so kalt und nass zugleich, das Boofen war weniger eine Freude, denn ein Härtetest. An Klettern war bei den Witterungsbedingungen nicht zu denken, nicht nur dass auch dies keine Freude gewesen wäre, nein, es gibt auch klare Verhaltensregeln…

Für mich als jemand, der sanften und umweltschonenden Tourismus schon praktiziert hat, als diese Worte zu tiefster DDR-Zeit noch gar nicht buchstabiert werden konnten (und die allgegenwärtige Stasi hätte wohl dabei auch sofort den Klassenfeind dahinter gemutmaßt…) gibt es dabei einen Ehrenkodex, sowohl was das Thema Müll, Verhalten in der Boofe und anderes angeht, als auch den Drang, dieses eigene Verhalten und diese Werte anderen weiter zu vermitteln (irgendwo bin ich ja auch ein Stück weit Pädagoge).

Da vermittelt man in den Sächsischen Kletterregeln und in den Nationalparkverordnungen festgelegte Verhaltensregeln, wie „Kein Feuer in der Boofe“ oder „Kein Klettern am nassen Sandstein“ an Jugendliche, die sich eigentlich mit Regeln schwer tun und ist erfreut, dass sie diese Regeln begreifen und beachten, dass sie ihren Müll aus der Boofe mitnehmen ohne darüber erst zu dskutieren und dann muss man feststellen, dass andere kommerzielle Anbieter so gut verdienen, dass für sie alle Regeln und Verhaltenskodexe nichtig sind. Dank offener Grenzen kommt jeder in die Lage, die sensible Sandsteinnatur zur Profitmaximierung zu nutzen…

Zugegeben, auch ich verdiene mein Honorar mit Aktivitäten in dieser nicht eingemauerten und abgeschotteten paradiesischen Welt, aber was ich in dieser Woche erleben musste, läßt auch mir nur die Hutschnur hochgehen.

Unsere durchgefrorenen Jugendlichen konfrontierten mich zunächst mit der Frage, warum in einer Boofe oberhalb der Räuberhöhle tagsüber ein recht ansehnliches Lagerfeuer brenne, während sie in der Kansteinboofe nicht mal abends ein kleines Knisterchen hätten machen dürfen… (Dort bereits angesammeltes und bereits aufgeschichtetes Holz wurde von unserer Gruppe sogar wieder in den Wald geworfen.)

Als nächstes entdeckten wir eine Seilbahn vom Massiv auf den Klettergipfel „Oberer Höhlenturm“, von dem die Teilnehmer, die sicher nicht wenig Geld investiert haben, wieder abseilen sollten. Die Seilbahn läßt sich nicht errichten, wenn man nicht auf den (an dem Tag total durchnäßten) Gipfel klettert und wieder mußte ich die unangenehme Frage beantworten, wieso „die das dürfen“ und wir auf das Klettern am nassen Fels verzichten… Meine Antwort „Die dürfen das auch nicht, weder Klettern noch Feuer machen“ muss sich ziemlich hilflos und naiv angehört haben…

Der Große Abseilschacht in die Räuberhöhle war mit Seilen so verbaut, dass wir unsere eigenen Seile gar nicht hätten anbringen können, also mußten wir quasi die installierten Seile nutzen, um abzufahren. Unten hörte ich Stimmen einer größeren Gruppe, die weder deutsch noch tschechisch sprachen und während wir uns unten in Richtung Höhlenbuch und Weg des Schreckens bewegten, gelangte die andere Gruppe wieder bereits ans Tageslicht. Unser oben verbliebener Betreuer musste sich dann holländischen Animateuren gegenüber verantworten, wieso wir deren Seile genutzt hätten, dies wäre eine Frechheit. Seine Bitte, einem Jugendlichen unserer Gruppe durch gemeinsame Kraftanstrengung wieder hoch zu ziehen, egal mit welchen Seilen, wurde dagegen forsch abgelehnt und die Holländer bemühten sich, rasch, ihre Seile abzubauen. Unser Betreuer bekam dann auch mit, dass die drei Gruppen am Feuer, an der Seilbahn und in der Höhle zueinander gehörten.

Einem psychisch und physisch überforderten Jugendlichen, der mehrfach an der Bezwingung des der Abseile folgenden schmalen hohen Durchschlupfs gescheitert war, zu helfen, das ging den kommerziellen Holländern zu weit, schließlich würden sie ja nicht für die Bergung der nicht zu ihren zahlenden Teilnehmern gehörenden Jugendlichen bezahlt. Ihm blieb nichts weiter übrig, als zu warten, bis nach etwa einer Stunde unsere Gruppe wieder draußen war und bis wir ihn mit vereinten Kräften die mehr als 20 m hochziehen konnten.

Was bleibt ist ein unsere Gruppe enorm zusammen schweißendes Erlebnis und eine Grenzerfahrung für jeden von uns. Aber auch für mich die Erfahrung, dass Kommerz und Kommerz zweierlei ist.

Und jener holländische Erlebnis-event-Anbieter, der sich über jegliche Regeln (Kletterregeln, Feuerverbot etc) hinwegsetzt, um auch an schlechtesten Tagen seinem zahlungskräftigen Klientel unvergessliche Erlebnisse zu bieten, der aber nicht mal bereit ist, in Bergnot geratenen Mitmenschen zu helfen, sorgt letztlich dafür, dass Bewohner des Nationalparkes fordern, „Ausländer“ von außerhalb des Nationalparkes sollten sich die Sächsisch-böhmische Schweiz besser im Fernsehen anschauen, bzw. sollten auf kürzesten Wege von Schmilka auf den Großen Winterberg wandern, im Kirnitzschtal, auf dem Kuhstall oder an der Bastei bleiben!!!

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