Wir stellen uns an die schmale Straße an der Furt über den Siurana, die nach Bellmunt hochführt. Hier sollen wir in wenigen Minuten abgeholt werden. Diesmal haben wir eine ziemliche Strömung an der Furt, das Wasser ist ungekannt tief. Frank fängt mit der Kamera einige Stimmungen ein und ich genieße die Sonne. Dann kommen sie plötzlich gleich von zwei Seiten, durch die Furt kommt ein Auto – Alfredo Arribas, international hoch angesehener Architekt aus Barcelona, stellt sich uns vor und wir fühlen uns vom ersten Augenblick an wohl. Von der anderen Seite kommt Ricard Rofès, der mir schon von der Fira her bekannt ist. Er stellte schon die Montsantweine von Portal de Montsant vor und ich kenne ihn auch noch aus der Zeit, wo er beim Celler El Masroig Önologe war.
Im Schlepptau hat er einige weitere Autos, allesamt mit Weintouristen besetzt, die, wie sich herausstellt, allesamt aus der Schweiz und aus Österreich stammten. Sie sind gute Kunden eines Schweizer Händlers, der zu einer Infofahrt nach Ribera del Duero und ins Priorat eingeladen hatte. Darunter sind etliche Weinprofis. Alfredo Arribas begrüßt die bunte Truppe, stellt mich vor und bittet voller Stolz von dem Erfolg seines Negre de Negres 2006 auf der 2006er Blindprobe vom Dezember letzten Jahres zu berichten.
Er wollte eigentlich erst 2007 seinen ersten Prioratwein herausgeben, aber das Resultat in den Fässern des nicht zum Verkauf vorgesehenen Weines aus 2006 war so umwerfend, dass sich der deutsche Importeur Ardau dafür interessierte.
Wir besichtigen den großen Weinberg rings um das alte Mas de Portal, der aus einem Guss ist, aber auch viele ökologische Rückzugsräume für die Fauna des Priorats bietet. Seit 2001 wird die Anlage restauriert und neu bepflanzt, wobei man auf sehr viele experimentelle Sorten setzt, um zu schauen, was neben Grenache und Carignan hier noch interessante Ergebnisse hervorbringt. Die traditionellen Sorten sind den Llicorella Böden vorbehalten, aber El Molar bietet grade zum Siurana hin auch andere Böden, die sich ja auch für Syrah besonders gut eignen – das beweist Casa Gran del Siurana seit einigen Jahren und auch das Portal – Team setzt auf diese Rebsorte. Aber es gibt auch Experimente mit Mourvedre, Nero d´ Avola, Touriga Nacional, Pinot Noir…
Von Anbeginn an wird auf biologischen Weinbau orientiert, der Frühling in den Weinbergen zeigt üppige Farben blühender Kräuter und Sträucher, es riecht wunderbar hier oben und das Ganze wirkt wie ein Puzzle aus Weingärten und Naturpark.
Später kommen wir zu dem in den Weinberg perfekt integrierten Kellergebäude.
Wir probieren einige 2008er Muster – zunächst einen Touriga Nacional mit üppiger Nase, die ein wenig an junge Mourvedre erinnert. Der Wein ist sehr frisch und tief, zeigt am Gaumen ein leichtes Bittermandelaroma und sehr schöne Tannine.
Der jüngste, erst drei Jahre alte Syrah ist ganz schwarz, nur oben am Rand hellt er ganz leicht auf. Er hat eine bezaubernd offene Aromatik. Ich werde an Blumen und Waldbeeren erinnert.
Die Mourvedre ist leicht und tief, ein Smoothie mit sehr expressiver Frucht und ein wenig Stallaromen.
Den Schluß macht ein alter Grenache, ungeklont und aus der Zeit vor der Reblauskrise. Er wirkt typisch für den Jahrgang etwas leichter, hat ein gutes tragendes Säuregerüst und eine schöne Fucht.
Allesamt nur ein klitzekleiner Vorgeschmack auf das, was uns danach erwartet…
Zur Verkostung vorbereitet sind folgende Weine: Negre de Negres 2006 und 2007 und der eigentliche große Wein Clos de Portal 2007, der inzwischen auf den Namen Somni (der Traum) hört.
Wir reden hier nicht über sehr gute oder exzellente Weine. Wir reden hier über ein Projekt, welches von Anfang an große Weine im Auge hat. Und diese vom ersten Wein an verwirklicht hat. Es ist ein ehrgeiziges Projekt geworden, welches ähnlich wie Terra de Verema, Trio Infernal, Melis oder Mas Alta gleich richtig hoch durchstartet und welches Weine hervorbringt, mit denen man von Anfang an rechnen sollte, wenn man über neue Spitzenweine im Priorat spricht.
Wir dürfen uns mit den drei Weinen alle Zeit der Welt lassen, sprechen in der großen Gruppe über unsere Eindrücke und kosten hin, kosten her. Und wollen gar nicht mehr aufstehen. Der Clos de Portal resp. Somni setzt in der Zeit vor der Fira die Messlatte mit 98+/100 Th. schon mal sehr hoch an. Wird er seinen derzeitigen ersten Platz unter den 2007ern verteidigen?
Ein viertes Glas wird gereicht – 2008er Carignan von der Parzelle Tros del Clos, 1914 gepflanzt…
Und wie, um uns auf den Boden der Realität zurück zu beamen, werden wir gebeten, uns eines der Gläser zu schnappen und draußen im Weinberg einen kleinen Imbiss einzunehmen. Dieser entpuppt sich als Dauergrillveranstaltung, Würste und Steaks nehmen kein Ende, immer wieder werden neue Sachen auf den Tisch gestellt. Dazu stehen die Weine des Montsantprojektes Portal de Montsant als Tischweine herum, aber auch der 2006er Negre de Negres verlockt erneut.
Ich kann nicht auf den Boden der Tatsachen zurück, ein Schluck des wirklich guten Rosé´s schwirrt an mir vorüber, das Glas füllt sich automatisch wieder mit dem Negre de Negres. Ich kann es nicht beeinflussen…
Später kosten wir nochmals die Reste in den anderen Gläsern und schauen, wie sich die Weine mit der Luft weiter entwickelt haben.
Dann Auflösung der Gruppe, Abschied von Alfredo Arribas, der zurück nach Barcelona muss, Abschied von den Prioratfreaks aus den Alpen, die Ihrem Besuch im Priorat einen würdigen Schlußpunkt gesetzt haben – und dann fahren wir mit Ricard Rofès und seinem Team zu dem Schmuckstückweinberg, dessen Carignan wir am Ende im Glase hatten. Luftlinie ist der Weinberg nicht weit, dennoch müssen wir außen rum, vorbei am Mas Garrian, vorbei am Cometa de Lloa, vorbei an der protzig-traurigen Kellerei von Cal Grau (das mit Ossbourne verbandelte Prioratprojekt) „Könnt ihr günstig kaufen, denen geht es nicht so gut“, so der Kommentar – hinter nicht mal mehr vorgehaltener Hand. Dann wieder hinein in die Wildnis, bis wir schließlich an dem eindrucksvollen alten Weinberg angelangt sind. Auch hier etwas für die nächste Prioratweingeneration – „Vi de Finca“ – Weine von ausgewählten einzelnen hervorragenden Lagen.
Wann kommt die Klassifizierung der Lagen a la Burgund? Diese Frage wird uns auch an den Folgetagen desöfteren beschäftigen.
Eines aber ist sicher – Portal de Priorat, das ist der Name der künftigen Himmelspforte! In diesen Himmel begehre ich schon mal Einlass.
PS: Die Fotos stammen erneut von Frank Korte und sind ein Auszug dessen, was im Prioratführer 2010 zu finden sein wird.
Guten Tag Herr Hammer,
vielen Dank für den ebenso umfangreichen wie informativen Artikel über Alfredo Arribes und seine beiden Projekte.
Ich habe soeben einen Hinweis und Link dazu auf unsere Website gesetzt. Falls Sie diesbezüglich weitere Informationen oder Proben benötigen oder Fragen nach Bezugsquellen auftauchen, können Sie mich gerne kontaktieren.
Freundliche Grüße aus dem Rheinland!
Andreas Fürbach
Hallo Herr Fürbach,
vielen Dank für die Verlinkung und ihr Angebot, auf das ich gern zu gegebener Zeit zurückkomme.
Waren eigentlich schon die Portal de Montsant Weine auf den letzten Verkostungen zur Fira positiv aufgefallen, so startete das Prioratprojekt von 0 auf 100. Nachdem ja für 2007 die ersten Weine angekündigt waren, war ich erstaunt über die Probeflasche Negre de Negres 2006, die mir Alfredo Arribas anläßlich unserer 2006er Jahrgangsprobe für den Prioratführer schickte. Und nach zwei Tagen Blindproben waren wir noch erstaunter!
Sollten Sie das Protokoll zu der Probe noch nicht kennen, sende ich es gern per Mail zu.
Wo die 2007er auf der Jahrgangsprobe stehen, wird Ihnen sicher bereits aufgefallen sein… Auch hier hat sich das Bild von der Vor-Ort Verkostung auf dem Gut im Februar bestätigt.
Beste Grüße von der Saale
Torsten Hammer
Hallo Herr Hammer,
danke für Ihre Rückmeldung. Das Protokoll von Ihrer Probe kenne ich noch nicht – über ein Zusendung würde ich mich freuen.
Beste Grüße aus Troisdorf (mit Rotwein-Wetter).
Andreas Fürbach