20. „Weinmarkt“ in Bernburg

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Eigentlich müsste ich eine neue Kategorie schaffen „Wein – und dennoch kein Vergnügen“, um diesen Artikel zum 20. Bernburger Weinmarkt zu platzieren.

Ein knappes Dutzend Weingüter aller möglichen Anbaugebiete Deutschlands kommen für drei Tage nach Bernburg, um der hiesigen biergewohnten Bevölkerung etwas „Weinkultur“ zu bieten.

Die ostdeutschen Weinbaugebiete sind lediglich einmal vertreten, also knapp besser wie in mancher Weinliteratur aus deutschen Kritiker- oder Händlerhause…

Aus den westlichen Anbaugebieten bringt man nicht einen wirklich namhaften Winzer nach Bernburg, kein Name, der lobend in Weinforen oder in der Literatur erwähnt wird, ist zugegen, nichts, was das Herz der Weinfreaks höher schlagen lassen würde. Stattendessen allem Anschein nach Weingüter aus der grauen Masse, vielleicht dritt- bis fünftklassig, die den Bernburgern das für besten deutschen Wein verkaufen, was sie anderswo nicht mehr loswerden. Sicher sind es keine schlechten oder fehlerhaften Weine, das würde man uns hier auch nicht mehr zumuten. Aber deutsche Spitzenweine darf man hier keinesfalls erwarten.

Man lässt gutes Geld für jede Menge Banalität. Auch ich war natürlich das eine oder andere Mal wenigstens neugierig. Die drei Pfälzer Weine, die ich gar mal in der Flasche erwarb, um sie in Ruhe nach zu verkosten, waren aus der Sicht, was ich sonst so für gewöhnlich aus meinen Schatzkisten hebe, heraus geworfenes Geld. Und ich trinke ja bekanntlich nicht nur Mouton und Consorten…

Die letzte Flasche – ein Cabernet Sauvignon, in der Ankunftsnacht zur Fira-Tour 2010 getrunken, war mir mit Zudrücken aller Hühneraugen und da auf dem schönsten Biwakplatz im Priorat getrunken grad mal 80/100 Th. wert, eigentlich hätte er nur in den 70ern bewertet werden müssen, was dann nach meiner Wertung „befriedigender und fehlerfreier kleiner Wein“ geheißen hätte.

Seit 1991 findet dieser Weinmarkt statt und noch immer ist Bernburg nicht in der Realität eines offenen und vereinten Europa angekommen. Der Ausschank von Weinen aus anderen Ländern der EU ist nach wie vor nicht nur nicht gewollt, sondern regelrecht verboten – egal ob dort Pallhuber seinen EU-Ramsch feilbieten würde oder ob Händler mit Spitzenwinzern im Portfolio oder gar prominente Winzer mit Spitzenweinen anreisen würden, all das bleibt auf obskure Art und Weise unterdrückt.

Ich importiere nun seit zwei Jahren Weine, die sich im internationalen Vergleich sehen lassen können, Spitzenqualitäten wie auch überzeugende Basisweine. Mein stetig wachsender Kundenkreis sind Weinfreunde aus allen Teilen Deutschlands, aus Österreich, aus der Schweiz etc. Ihre positiven Rückmeldungen bezüglich meines Weinangebotes bestärken mich darin, dass meine Entscheidung, hier eine neue Selbständigkeit aufzubauen, die richtige war.

In Bernburg hingegen, quasi vor der eigenen Haustür bin ich zum einzigen weinbezogenen Event der Stadt unerwünscht, weil meine Weine aus Spanien und Frankreich sind…

Mag sein, dass dies Nachwirkungen dessen sind, dass auf jenem Marktplatz eine Zeitlang ein Thor-Steinar Laden existierte und wohl auch diverse NPD-Büros. Mag sein, dass wirklich die 1000 € „Förderung“ irgendeines national orientierten Weinverbandes der Grund für diese nationalistische Ausgrenzung alles Fremden ist. Mag sein, dass deutsche Weinbauverbände alle Weine aus anderen Ländern mit feindseligen Augen betrachten, die nur durch Verbot und Ausschluss den deutschen Gaumen vorenthalten werden müssen. Mag sein, dass sich die drittklassigen deutschen Winzer, die hier zum –zigsten Male herkommen, fürchten, dass sie plötzlich gegen bessere Winzer und Weine konkurrieren müssten…

Die Bezeichnung „Bernburger Weinmarkt“ an sich suggeriert nicht, dass es sich um ein deutsch-nationales Event handeln würde, was alles Nicht-Deutsche per se von vornherein ausschließt…

… – mich als seit über 20 Jahren überzeugten Europäer befremdet dieses Verhalten jährlich aufs Neue. Aber was kann man schon dagegen tun, außer sich ärgern und nicht hingehen.

Klaro – diese freie Meinungsäußerung doch unter „Kein Wein – Kein Vergnügen“ ablegen und stattdessen an den drei Tagen richtig gute Weine aus dem eigenen Bestand trinken. Da wird nichts dabei sein, was nur mit allergrößtem Wohlwollen 80/100 Th. bekommt…

Und weiterhin Weinfreunde aus ganz Deutschland und anderen Ländern zu mir einladen, die sich über mein Weinangebot freuen. Wenn es dem „gemeinen Bernburger“ schon von Amts wegen verboten bleibt, meine Spanier und Franzosen kennen zu lernen…

So, what do you think ?