Einmal ins Priorat und zurück – Das Roadbook Firafahrt 2017, Kapitel 3 – Samstag, 15.04.2017

BY IN Priorat - Tourismus, Reisetagebuch eines genügsamen Genießers NO COMMENTS YET , , ,

Nun sind es doch wieder einige Minuten über der angedachten Zeit geworden, die Katze wollte ausgiebiger geschmust werden als normal, Kaffee für unterwegs musste aufgebrüht werden, der Kühlschrank leergeräumt. In den Tagen zuvor hatte ich zu wenig aus meinem Kühlschrank gegessen oder ich hatte zu viel hineingepackt. Wenn ich etwas wirklich hasse, dann Kühlschränke, wo eine Maus den letzten Rest Käse mit einem Schild um den Hals verteidigt, auf dem steht“Hab Erbarmen…“

So aber mußte vieles auf das Haltbarkeitsdatum hin geprüft werden und bei dem Meisten wurde entschieden:“Kühltasche“. Das wird die Ausgaben für Lebensmittel in den nächsten Tagen gewaltig flach halten.

Viel entscheidender die Frage, was anziehen… Nein, ich bin kein Mädchen, aber nachdem ich letztes Jahr mutig mit kurzer Hose startete und mich beim ersten Toilettenstopp alle Leute anguckten, als wäre ich ein Außerirdischer, kam ich doch in Grübeln. Im letzten Moment wird mir das grübeln abgenommen, es beginnt etwas zu regnen, zum Glück ist alles im Auto.

Irgendwas ist es dann doch, was mich noch mal aussteigen lässt und in die Wohnung zurück kehren – Lucy freut sich natürlich, als ich plötzlich wieder in der Küche stehe: „Hey. Bleibst doch hier?“ Nee…

Beim Verstauen der letzten vergessenen kleinen Dinge ins Auto fällt mir auf, dass in der Tasche hinterm Sitz noch ein Paar Handschuhe und die Pudelmütze klemmen… Neiiiin – die packe ich jetzt nicht aus, fahren sie eben mal fix nach Spanien mit.

Abfahrt…

In Dessau runter zum Tanken bei Kaufland. Aber es ist noch zu zeitig, die Preise sind noch oben. Also nicht volltanken, ich muss unterwegs eh noch was nachgießen…

Die Tankstelle neben der Autobahn bei Eisenberg war immer relativ günstig und einen guten Imbiss gab es da auch immer. Und ich wechsle ja dann auf die A4 in diesem Jahr, dort ist erstmal nix mit günstig tanken…

Bezüglich des Tankens hatte ich den richtigen Riecher, 5 Cent weniger pro Liter heißt übersetzt wenigstens Thüringer Röster gratis… Aber Fehlanzeige. Entweder wollen die heute nicht mehr oder sie wissen, dass bei diesem Regen und der dazugehörigen Kälte eh niemandem nach Essen ist…

Wie in Trance rausche ich über die A4, nur darauf achtend, nicht schneller zu sein, als die Polizei erlaubt, ansonsten fährt es sich entspannt, bis sich die Blase meldet. Da bin ich zum Glück schon im Westen und erwische ein Regenloch… Aber auch hier ist nicht groß Landschaft schauen, Regenloch heißt noch lange nicht, dass Sonne raus kommt. Aber wenigstens Kaffee aus der Thermoskanne holen. Ich komme mit den Parkplatznachbarn ins Gespräch, die wollen in Fulda einen rumänischen Straßenhund abholen…

Weiter, auch in Hessen regnet es, hinterm Reiskirchener Dreieck gießt es regelrecht und man sieht die Hand kaum vor Augen. Der Scheibenwischer hat zu tun, dennoch gibt es genug Leute, die wie der geölte Blitz gen Frankfurt rasen müssen… Bis es dann urplötzlich passiert und ich eine Vollbremsung machen muss. Reifenteile und anderes liegen rum, zwei Wracks stehen quer und ich habe zum Glück genau die Spur, auf der es langsam hindurch geht, Bremsen bei Aquaplaning ist auch nicht ganz witzig, plötzlich bin ich hellwach und hoffe nur, dass die anderen rings um mich auch mitdenken… der auf der linken Spur neben mir hat mehr zu bremsen, schließlich wartet auf seiner Spur noch das eine Wrack und er ist deutlich schneller als ich, er fährt über irgendwas Schwarzes und schmeißt das über meine Spur, zum Glück fliegt das Teil knapp vor mir über die Spur. Der Raser fährt plötzlich genau so schnell runtergebremst neben mir, die Augen seiner Frau gucken mich weit aufgerissen an. Er muss weiterbremsen und rüber, hinter mich. Ganz vorn weitere Autos mit Warnblinker, da sind schon welche am Gucken, was los ist…

Hernach fahren sie alle plötzlich sinnig, bis es dann vor Frankfurt aufhört mit Regnen, es wird wieder Gas gegeben und ich schnurre an Frankfurt vorbei, froh darüber, dass diese Reise kein vorzeitiges Ende fand.

 

Hinter Frankfurt brauchte ich dann doch erst einmal eine Pause, Nerven beruhigen, wegen aufkeimender Müdigkeit kurz die Äuglein schließen, Dann kaltes Wasser ins Gesicht und Kaffee in die Gurgel, sich ums Geschäftliche kümmern und dann ab – den Rest der Tagesetappe fahren…

Ich bin eingeladen, die Etappe in Heidelberg zu beenden. Ich bin kurz ein wenig irritiert, finde einen der beschriebenen Anhaltspunkte und fahre dennoch erst mal falsch aus dem Kreisel raus. Ich merke, das man in Heidelberg niemanden nach dem Weg fragen muss, es sind alles nur Touristen, die sich auch nicht weiter auskennen. Mein Gefühl sagt, ich muss zurück auf Anfang, in dem Moment Bahnhof und nochmals über LOS.

Und plötzlich stehe ich genau da, wo ich hin muss. finde sogar einen Parkplatz und bin angekommen, fast 2 Stunden eher als ich es für möglich gehalten hätte…

Kurz darauf bin ich geduscht und habe auf Entspannung umgeschalten, trinke gedankenverloren einen Silvaner und lausche meiner Gastgeberin, die mir Heidelberg zunächst in der Theorie nahebringt. Per Stadtplan. Die Praxis soll morgen folgen, bei hoffentlich besserem Wetter.

Später gibt es ein Risotto mit Erbsenpesto und Jakobsmuscheln, dazu einen leckeren Salat mit Avocado, Tomaten und Pinienkernen. Ich hätte noch einen Rosé aus dem Süden mitnehmen sollen, der wäre im Auto heute nicht mal warm geworden.

Aber ich habe 2 mal La Torre von Jean Gardiès im Gepäck. Mourvedre aus dem Roussillon, dem französischen Teil Kataloniens, wir nähern uns weintechnisch dem Zielgebiet an, ohne hin zu kommen, die ebenfalls im Gepäck befindliche Priorat 7er Serie aus 2008 muss warten, ich möchte heute nur trinken, nicht schreiben oder bewerten.

Wenn man aber bei einer Wein- und Genussbloggerin zu Gast ist, dann geht das nicht so einfach, natürlich reden wir über die Weine, vergleichen und haben beide schlußendlich den 2002er La Torre vor dem 2003er, obwohl beide sich große Mühe mit uns geben. Sind schon schöne Sachen, was da in Vingrau/Tautavel wächst und von einem der talentiertesten Winzer der Gegend in Flaschen gefüllt wird. Der La Torre ist der zweite Spitzenwein des Betriebes neben dem noch ein wenig teureren La Falaise, einem 100%igen Syrah. Beide, der Syrah und der Mourvedre können große Erzählweine sein…

Ich habe das Weingut 1999 vor Ort erstmals kennengelernt und habe dann die Weine einige Jahre lang immer wieder gern gekauft – und trinke sie noch immer gern, ich bin gern dort in den Felsen herumgeklettert und habe dort einige meiner schönsten Kletterrouten gemacht. Wenn man in der Mairie höflich fragt, darf man am Sportplatzrand zelten und Dusche und WC des Sportplatzes nutzen. Abends kommen die Hunde des Dorfes und gucken, ob man was zu Fressen für sie hat, manche frech, andere zurückhaltend. Aber alle lieb und wohlerzogen, so weit man das für „les primieres chiens de la rue“ behaupten kann. Hach Vingrau… ich müßte mal wieder hin. Wäre da nicht immer das nur wenige Stunden entfernte Priorat mit seiner Sogwirkung.

In Heidelberg ist diese Sogwirkung noch nicht zu spüren. Nur die Sehnsucht ist da. Die aber ist wohl immer da…

So, what do you think ?