3 * Porrera aus 2006 – natürlich blind…

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Nachdem ich mich etwas ausführlicher mit den aktuellen Spanien-Bewertungen von Jay Miller für Robert Parker auseinandergesetzt hatte, da fiel mir ein, dass ja noch ein Roquers de Porrera vom Celler de l´ Encastell aus 2006 verkostet werden wollte. Und auch noch das eine oder andere Fläschchen aus diesem Jahrgang. Ich griff zu den Probeflaschen von Jordi Castellet Loshuertos vom relativ jungen Erzeuger Celler Castellet aus Porrera.

Und los ging es blind 2 Stunden nach dem Öffnen der drei Flaschen.

Der erste Eindruck:

Wein 1:

Ins Glas kommt ein fast schwarzer, beinahe undurchdringlicher Wein mit einer noblen Nase, die für mich Porrera kennzeichnet. Bitterschokolade, Schwarzkirsche, belgische Pralinen, Kirschmarzipan. Am Gaumen sehr komplex und vielschichtig, Kirschlikör begleitet eine süßliche, etwas exotische Frucht. Im Abgang kommt die Marzipannote wieder durch. Große 95+/100 Th.

Wein 2:

Sehr dunkles Kardinalspurpur mit sehr schönem Funkeln. Dunkle Frucht, durch geschwitztes Sattelleder, dazu ein frischer Wind, der über eine Kräuterwiese streicht. Mit der Luft legt der Wein immer mehr zu, ist vielschichtig, wandelbar und gibt immer wieder neue Nuancen preis. Am Gaumen sowohl sehr elegant und sanft, aber auch komplex – sehr schmeichelnd am Gaumen. Viel Potential und ein langer Nachhall. Später erkenne ich in der Nase auch die für Porrera typischen und Schokonoten. Typischer großer Porrera. 95+/100 Th.

Wein 3:

Sehr dunkles Purpurrot mit schönem Leuchten. Noch leicht verschlossen, aber nobel, legt im Laufe der Zeit zu, bleibt aber in der Nase auch einfach gestrickter als seine Flightpartner. Am Gaumen fast leicht wirkend, und wirkt facettenreicher als in der Nase. Noch griffiges, aber nicht trocknendes Tannin, welches sich am Gaumen festsetzt. Sanfter, frischer und fruchtbetonter Nachhall. Will noch Zeit haben. Im Moment sehr gute 91+/100 Th.

Zweieinhalb Tage später ein zweiter Test:

Wein 1:

Heute kommt er ganz groß in Schwung, ein großer und kompletter Wein, der in der Weltklasse spielt. Auch 2006… Er hat einfach alles, was einen großen Wein ausmacht – ganz großes Kino – ich vermute jetzt den Roquers de Porrera und damit würde er seine exponierte Stellung in diesem Jahrgang behaupten. 97+/100 Th.

Wein 2:

Nach zweieinhalb Tagen zeigt er eine offene und mustergültige Porrera – Nase. Er ist elegant, frisch, vielschichtig und kleidet den Gaumen mit einer üppigen Frucht phantastisch aus. Langer, enormer Spaß und Sex – Appeal. Große 96/100 Th. Mein Tipp: Empit 2006 – aber kann der wirklich so gut sein?

Wein 3:

Legt nach zweieinhalb Tagen Luft deutlich in der Nase zu. Der Schokokirschkuchen Schwarzwälder Art erinnert schon an Porrera. Auch am Gaumen heute kraftvoller, etwas Likör, zugleich viel Frucht und eine schöne Frische. Hat sich unglaublich gut entwickelt.
Exzellente 93+/100 Th. Wenn Wein 2 der Empit wäre, müßte Wein 3 der „kleinere“ Ferral aus 2006 sein.

Auf jeden Fall haben alle drei Weine von derzeit viel Luft ungemein profitiert. Man tut sich und den Weinen keinen Gefallen, sie jetzt zu öffnen und gleich Spaß zu verlangen. Selbst wenn man ihn hat, vergibt man doch ungemein viel.

Die Bewertungssituation ist komplizierter als angenommen. Drei mal typische Porrera – Weine, dabei zwei Weine zum Endverbraucherpreis unter 20 € und einer zum Preis von mehr als 30 €. Am ersten Tag ein Patt von zwei Weinen, der Roquers arbeitet seine Konturen auch derzeit erst mit viel Luft klar heraus, auch wenn er sich bereits am ersten Tag als großer Porrera outet… Einer der beiden Castellet-Weine hat auf jeden Fall ein unglaubliches Preis-Genuss Verhältnis, der zweite ein sehr korrektes bis gutes. Schon vor dem Aufdecken wird mir klar, dass ich sie beide gern anbieten möchte, denn diese Weine sind bislang nicht auf dem deutschen Markt und es sind lohnende Entdeckungen…

Aber auch um de Roquers komme ich kaum herum – nur das wußte ich bereits zu den Fassverkostungen…

Ich decke auf und erlebe eine knallharte Überraschung:

Wein 1:

Celler de ´ Encastell; Roquers de Porrera; Priorat – Porrera; 2006 rot

Wein 2:

Celler Castellet; Ferral; Priorat – Porrera; 2006 rot

Wein 3:

Celler Castellet; Empit Castellet; Priorat – Porrera; 2006 rot

Der Empit hat ein neues, modernes und deutlich peppigeres Etikett als der Empit 2005, das Ferral Etikett ist daran angelehnt. Man kann hie nicht von Kleinerem und größeren Wein sprechen, klärt mich Jordi am Telefon auf. Der Empit ist und bleibt der Wein, der aus dem alten Rebbestand der Familie gekeltert wurde. 2002 bis 2004 waren Versuchsjahrgänge, erst der 2005er kam offiziell in den Verkauf. Im Kontext gesehen gefällt mir der 2005er und der auf der Fira verkostete 2007er knapp besser als der 2006er, was ja auch legal erscheint, denn das Jahr ist halt auch leicht unter den anderen beiden. Dennoch – ein sehr guter Prioratwein zu einem denkbar günstigen Preis. Und man sollte lange seine Freude daran haben. Jetzt kaufen, ab ca. 2011 trinken.

Der neue, als 2006er erstmals herausgegebene Ferral stammt von den jüngeren, neu gepflanzten Reben. Und es ist nicht da erste Mal, dass ein Wein von jungen Reben uns die Genuss-Taschen voll haut und auf Größe pocht Insofern ist es weder Zauberei noch ein übler Trick – junge Reben können umwerfende Weine ergeben – und Jordi tut alles, um hier auf Qualität zu gehen. 1,5 kg pro Stock ist seine angestrebte Erntemenge – gegenüber 800 – 900 g bei den alten Reben. Nur der höhere Ertrag erklärt hier den etwas niedrigeren Preis.

Und Jordi freut sich über mein Angebot, diesen Wein künftig in Deutschland anzubieten. Seine fairen Preise kann ich den Kunden weiterreichen, die Preise, zu denen ich den Wein verkaufen kann, sind quasi die Preise des Wein-Ladens in Porrera + Transport- und Lagerkosten + die höhere Mehrwertsteuer in Deutschland.

Ich verkoste offen die inzwischen vier Tage offenen Flaschen nach:

Celler de ´ Encastell; Roquers de Porrera; Priorat – Porrera; 2006 rot

Auch in der Nachverkostung beißt er sich bei 97/100 Th. fest. Super viel Spaß. Roquers de Porrera – Fans tun sich keinen Gefallen, diesen Wein zu umgehen. Einer der besten Roquers-Jahrgänge seit dem Start in 1999.

Celler Castellet; Ferral; Priorat – Porrera; 2006 rot

Am 4. Tag begeistert er nicht mehr ganz so, aber es gibt dennoch 94/100 Th. Nur wer kann diese Flasche so lange stehen lassen… Und vom PGV her ist er einfach gigantisch gut.

Celler Castellet; Empit Castellet; Priorat – Porrera; 2006 rot

In der Nachverkostung wieder etwas verschlossener. Will definitiv noch einige Zeit in der Flasche reifen. 92+/100 Th.

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